Bodenfunde und Beginn der Besiedlung in Rieder
Nachrichten über früheste Besiedlungen in unserer Umgebung erhalten wir nur über Bodenfunde, meist sind es Gräber. In diesen Begräbnisstätten wurden neben den Toten Waffen, Hausgerät, Schmuck, Speise und Trank in Tongefäßen gefunden.
Bereits 1698 wurde über Funde von Begräbnisurnen bei dem Dorf Wulfen in Anhalt bei Feldarbeiten berichtet. Diese Urnen wurden damals noch als heidnische Begräbnistöpfe bezeichnet.
Beckmann beschrieb sie 1710 folgendermaßen:
„Sie waren eine gute halbe Elle hoch, dabei aber der Rand von einer großen Breite und Umfang, der Bauch ebenfalls weiter erhoben, so dass über 2 Metzen Getreide darinnen können gehalten werden. Außer dem ist sie mit Klingeln und Streifen wohl verziert, die Massa von schwarzen Stein-festen Tone, welcher fast dem Serpentin -Steine gleichet und ist durchgehend eines Fingers dicke.“
Schon 1692 wurde beim Planieren ein weiteres großes Grab,
mit Fichtenbohlen abgedeckt, gefunden. Unter den Fichtenbohlen befanden sich vier Urnen, zwei größere mit Aschen- und
Knochenresten, zwei kleinere ohne Asche. Neben den Urnen lagen 2 kleine Spieße, in welchen noch das Holzwerk vorhanden war, ein Wurf-Spieß, ein Degen und Pferderiemenzeug mit kupfernen Buckeln, die vergoldet waren.
Auch in unserer unmittelbaren Umgebung wurden solch frühe Grabstätten freigelegt.
Die Hoymer Hausurne ist wie eine altes germanisches Haus gestaltet: die Tür mit Riegeln versehen und auf dem Dach Pferdeköpfe. Diese Urnenfunde gehen anHand der Verzierungen auf die Jahre 1000 bis 800 v.Chr. zurück
Beim Bau der Eisenbahnverbindung Quedlinburg - Ballenstedt in den Jahren vor 1885 wurde in der Feldmark bei der Roseburg eine Begräbnisstätte gefunden. In einer Tiefe von 5 - 6 Fuß fand man Urnen, die ein Meter hoch waren und von sogen. Tränenkrügen umgeben waren.
1926 wurden in der Ostermark vom Bauern Hottelmann beim Pflügen Steinplatten freigelegt, die ein Grab bedeckten. Dieses Grab kann etwa in die Zeit zwischen 2000 und 1750 vor der Zeitenwende eingeordnet werden. Die freigelegten Urnen zerfielen an der Luft ziemlich schnell. Die zusammengesetzten Urnen waren noch im 2. Weltkrieg im Zerbster Museum untergebracht, wo sie aber durch die Bombardierung mit zerstört wurden. Als Beigabe im Grab fand man u.a. ein Rasiermesser aus Bronze und ein Bronzering für eine Frauenhand.
Ein weiterer Urnenfund kam in der Schützenstraße im Garten desselben Bauern Hottelmann beim Ausheben einer Miete zu Tage. In ihrer Form erinnerte sie an steinzeitliche Urnen des Rössener Stiles aus der Umgebung von Merseburg,
1927wurde nach starken Regenfällen durch Auswaschungen oberhalb der Bahnstation von Rieder ein ca. 2000 Jahre alles Steinbeil gefunden.
Bei der Erweiterung unseres Friedhofes vor über hundert Jahren stieß man auf Wohngruben. Die meisten wurden bei diesen Arbeiten zerstört. Die wenigen Funde belegen aber, daß der Hang bereits in der frühen Bronzezeit als Siedlungsgebiet diente.
Im September 1955 stieß der Elektromonteur Ehring beim Legen eines Lichtkabels auf einen aus 50 Einzelteilen bestehenden Bronze-Depot-Fund an den Gegensteinen bei Ballenstedt. Er umfaßte über 50 Einzelschmuckstücke, darunter Armreifen, Schmuckgehänge, Halsreifen und kleine Spiralen. Nach erfolgter Konservierung wurden die Schmuckgegenstände im Museum Ballenstedt ausgestellt. Für unsere Gegend war es der erste Fund dieser Art, erst in der Thüringer Gegend befindet sich eine Parallele dazu. Damit wäre ein hohes Alter der Besiedlung bewiesen, wenn auch nicht von Rieder selbst, so doch der Umgebung. Der Ursprung führt uns also ca. 3000 Jahre zurück. Die Besiedlung breitete sich nur langsam von den Flußniederungen in die Forsten aus. Die damaligen Werkzeuge und Waffen waren noch unvollkommen und für umfangreiche Rodungen unzureichend. Vor etwa 2000 siedelten bei uns die Germanen. Die Germanen wohnten nicht in Dörfern oder Städten, wie wir sie heute kennen, sondern ein jeder fir sich in einer geschlossenen Hofstätte. Die Hofstätten eines weiten Umkreises bildeten den Gau, eine Reihe von Gauen den Stamm. Aus Berichten der Römer erfahren wir, wie die Stämme über dem Gebiet des jetzigen Deutschland verteilt waren. Danach befand sich Rieder an der Grenze des Schwabengaus, der ungefähr von Bode, Saale und Unterharz begrenzt wurde. Wiederholt drangen römische Heere vom Rhein bis zur Elbe vor. Mit der Völkerwanderung fielen im Jahre 375 die Hunnen in Europa ein und es kam zu einer Neuaufteilung der Stammesgebiete. In Mitteldeutschland regierten die Thüringer Könige. Zu diesem Gebiet gehörte auch der südwestliche Teil von Sachsen-Anhalt.Etwa um 500 bereiteten die Franken der Zerrissenheit der fünf Hauptstämme (Schwaben, Bayern, Franken, Sachsen, Thüringen). ein Ende. Das Königshaus der Merowinger regierte zu dieser Zeit und es entstanden im Schwabengau, dem Gebiet um Aschersleben, Ballenstedt, Bernburg, sicher die ersten Dörfer. Die damals benutzten Ortsnamen sind heute meist noch vorhanden. Mit dem Übertritt des Frankenkönigs Chlodwig zum Christentum 496 begann die Christianisierung des ganzen Gebietes. Es wurde, geleitet durch Bischöfe, von Mönchen weiterverbreitet. Später, zur Zeit Karls des Großen, fasste das Christentum durch Bildung fester Bistümer feste Wurzeln. Unser Gebiet gehörte zum Bistum Halberstadt, Bischofssitz ab 827, So sollen am Thieberge, dem ältesten Teil des Dorfes, Mönche eine Kapelle errichtet haben, die dem heiligen Nikolaus geweiht war. Dieser Teil des Ortes heißt heute noch Klus «Klause). Der Name Thieberg ist zurückzuführen auf das alte Won thing = Versammlungsstätte einer Ortschaft. Zwischen 936, Rieder wird in der Stiftungsurkunde erstmalig erwähnt und Heinrich I. stirbt in Memleben, und 968, ihrem Sterbejahr, stiftete wahrscheinlich die fromme Königinwitwe Mathilde eine Glocke für diese Kapelle. Über ihren Brautweg und ihre Regierungszeit können wir im Heft "Mathildenpfad" nachlesen.