Rieder im Hochmittelalter
Rieder im Hochmittelalter Siedler legten die Sumpflandschaft zwischen Kahlen- und Schierberg trocken. Ein neuer Ortsteil entsteht. Zum Verständnis dieser Entwicklung kann der Ortsname selbst beitragen. Namen sind nach Förstermann „oft das letzte Asyl verblassender Sprachaltertümer“. Dazu gehören besonders die Ortsnamen. Oft sind es Personen, auf die Ortsgründungen zurückgehen, oder man denke an die vielen „-rode“- Dörfer und -Städte in und am Harz. Anders ist es in Rieder. Der Name weist keines dieser Bestimmungswörter auf. Anscheinend musste der Ortsname nicht weiter spezifiziert werden, da dessen Lage in der Gegend namentlich eindeutig bestimmt und bekannt war. Dennoch: Die verschiedenen überlieferten alten Schreibformen von Rieder haben am Wortstamm eine Endung. Diese können zur Lage des Ortes schon etwas aussagen und im indogermanischen Sprachgebrauch gilt es als erwiesen, dass Ortsnamen mit Endung älter sind als zusammengesetzte. „So ist beispielsweise Gernrode jünger anzusetzen als das direkt örtlich anschließende Dorf Rieder, auch wenn die urkundlichen Nennungen nur fünfunddreißig Jahre auseinander liegen. Denn -rode ist hochmittelalterlich und Rieder zumindest als karolingisch einzuordnen.“ harzgeschichte.de Einer der sich mit dem Ortsnamen von Rieder näher befasste war Dr. Karl Schulze, zwischen 1880 und 1898 Pfarrer in Rieder. Der althochdeutsche Wortstamm reth, später ryt, reyd steht für ihn im engsten Zusammenhang mit dem althochdeutschen hriod. Dessen lateinische Übersetzung caretum entspricht in seiner Bedeutung etwa einer Riedgraswiese. Hiernach passt der Ortsname bestens zur ursprünglich umgebenden Landschaft. Rieder ist nach Dr. Schulze, „eine am oder im Ried gelegene Ansiedlung“. Büttner Pfänner zu Thal beschreibt 1892 den Ortsnamen in Anhalts Bau- und Kunstdenkmäler: Ried mit der Endsilbe eri mit „Leute, welche das Ried bewohnen“. Rieder gehört somit zu der kleinen Sprachfamilie der Ried-Dörfer. Zunächst war es eine „am Ried“ gelegene Ansiedlung. Das sollte sich im Hochmittelalter ändern. Dennoch verstummte der Charakter des Ortes nicht völlig. Aus eigener Erfahrung weiß Dr. Schulze am Ende des 19. Jahrhunderts zu berichten: Die Mulde zwischen Kahlenberg und dem Schier- und Thieberg „wird noch jetzt von einem nicht selten Überschwemmungen anrichtenden Bache durchströmt und ist außerdem sehr reich an Quellen, welche selbst in der durch diese führende Dorfstraße noch zu Tage treten. Auch befindet sich in dieser Mulde ein Teich.“ Schulze verweist auf Trockenlegungen des Bodens schon vor Jahrhunderten in Rieder hin. Auch das Kirchenbuch von 1539 unterstreicht das: alte große Feldfluren hatten Namen wie „auff der teichstet, auf den dreien (=trocken, engl. dry) uffern, auff dem sumpfe, auff dem grossen hohen uffer, auff den litken uffern.“ - Hatten die Riederschen jahrhundertelang ihr Auskommen an der Sumpflandschaft gehabt, machten sie sich im Hochmittelalter daran, diese trocken zu legen. Sie richteten sich nun auch im „Sumpf“ bzw. der Riedgraswiese ein. Sie zogen Gräben, wozu der Ablauf vom Teich und der Bachlauf selbst gehören, und leiteten so das überschüssige Wasser ab. Sporadisch traten bis in die jüngere Vergangenheit Überschwemmungen auf und selbst bei der Neugestaltung des Schäferplatzes in den Jahren bis 2002 wurde diesem Umstand noch Rechnung gezollt.
Anton Fiege / Heimatstube